Bei dem sogenannten 360-Grad-Feedback soll eine vielseitige Leistungsbeurteilung durch Bewertungen von verschiedenen Seiten erreicht werden. Dabei sind datenschutzrechtliche Grundsätze zu beachten.
Das 360-Grad-Feedback ist eine Methode der Leistungsbeurteilung, bei der Beschäftigte durch mehrere Personen bewertet werden. Entscheidend ist, dass die bewertenden Personen nicht nur Vorgesetzte der Betroffenen sind, sondern auch gleichrangige oder untergeordnete Positionen innehaben.
Bisher wurde das Konzept überwiegend bei Führungskräften angewendet. Immer öfter wird 360-Grad-Feedback jedoch auch bei Beschäftigten ohne Führungsaufgabe eingesetzt. Es werden Selbsteinschätzung, Bewertungen von Kolleginnen und Kollegen und die Einschätzung der Vorgesetzten kombiniert, wodurch ein vielseitiges Feedback zusammengetragen wird. Durch die verschiedenen Perspektiven wird die Rückmeldung objektiver und ist weniger abhängig von Einzelmeinungen.
Die Verwendung von 360-Grad-Feedback geht mit datenschutzrechtlichen Hürden einher, die bei klassischen Feedback-Gesprächen mit den unmittelbaren Vorgesetzten nicht oder in geringerem Umgang auftreten.
Umfang der Datenerhebung
Bei der Nutzung von Bewertungsbögen werden unweigerlich personenbezogene Daten verwendet. Je nach Art des Feedbackbogens ist die Erhebung personenbezogener Daten mehr oder weniger umfangreich. So sind bei rein quantitativen Bewertungen (z.B. mittels Punkte- oder Notenvergabe) regelmäßig weniger personenbezogene Daten betroffen als bei einer qualitativen Bewertung, bei der die Beurteilung begründet wird. Da die Begründung sich auf zusätzliche personenbezogene Daten beziehen könnte, besteht das Risiko einer erhöhten Datenerhebung, die in diesem Maß nicht notwendig ist. Andererseits ist eine qualitative Bewertung in der Regel aussagekräftiger und nachvollziehbarer als eine Beurteilung in Zahlen ohne Erklärung.
Datenminimierung und Speicherdauer
Nach dem Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO) muss die Verarbeitung personenbezogener Daten auf das für den Zweck der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein.
Um diesem Grundsatz gerecht zu werden, und dennoch ein brauchbares Feedback-Modell einzuführen, sollten kurze Speicherzeiträume für die Bewertungen festgelegt werden. Eine Speicherung sämtlicher Einzelbewertungen über mehrere Bewertungszeiträume, d.h. mehrere Jahre hinweg wird in aller Regel nicht erforderlich sein. Rechtfertigen lässt sich allenfalls eine Aufbewahrung der Einzelbewertungen aus dem vorangegangenen Beurteilungszeitraum, um Entwicklungen nachvollziehen zu können.
Anders verhält es sich mit dem Endergebnis der jeweiligen Bewertung. Diese darf laut den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, die sich in ihrem Jahresbericht 2020 mit dem Thema 360-Grad-Feedback befassen, wie ein Arbeitszeugnis zur Personalakte genommen und für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gespeichert werden.
Begrenzung der bewertenden Personen
Durch die Bewertung aus verschiedenen Richtungen kann bei den Betroffenen das Gefühl entstehen, bei jeder Interaktion in ihrem Arbeitsalltag überwacht und beurteilt zu werden. Um die Betroffenen vor dem Gefühl der dauerhaften Überwachung zu schützen, sollte die Bewertung nur durch wenige Personen erfolgen. Die Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit empfehlen eine Begrenzung auf drei bewertende Personen.
Die Auswahl der bewertenden Personen in Abstimmung mit den zu bewertenden Beschäftigten getroffen werden. Die Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit empfehlen, der zu bewertenden Person ein Veto-Recht einzuräumen. So können negative Bewertungen aufgrund von persönlichen Differenzen unterbunden werden.
Auskunftsrecht der Betroffenen
Die Betroffenen haben nach Art. 15 DSGVO ein Recht auf Auskunft hinsichtlich der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten.
Dieses Recht muss mit den Interessen der bewertenden Personen in Einklang gebracht werden. Insbesondere hierarchisch untergeordnete Beschäftigte könnten durch ehrliches Feedback Nachteile erleiden, wenn die Betroffenen die Bewertungen einsehen können. Aus diesem Grund muss der Arbeitgeber keine Auskunft über die Bewertungen untergeordneter Personen erteilen.
Um den Bewertungsprozess nicht zu beeinflussen, muss die Auskunft nach Ansicht der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zudem erst nach Ende des Bewertungszyklus erteilt werden.
Der Einsatz von 360-Grad-Feedback ist nicht grundsätzlich unzulässig. Es muss aber ein Feedback-Modell angewendet werden, das den Anforderungen des Datenschutzrechts entspricht, indem die Betroffenenrechte gewahrt und nur die Daten erhoben werden, die für eine Leistungsbewertung notwendig sind.