Arbeitgebende möchten bei einer Neueinstellung den nach ihren Vorstellungen bestmöglichen Bewerbenden finden. Dazu haben sie regelmäßig ein Informationsinteresse, welches über die Bewerbungsunterlagen hinausgeht. Für ein möglichst „objektives“ Bild ist daher die Einholung von Informationen bei vorherigen Arbeitgebenden und auf von den Bewerbenden genutzten Social Media Kanälen denkbar. Hierbei müssen sie jedoch die (datenschutz)rechtlichen Grenzen einhalten. Maßgeblich sind § 26 BDSG und die DSGVO.
Ausführliche Informationen über die Eignung und die Arbeitsweise eines Bewerbenden können Arbeitgebende durch eine Nachfrage bei vorherigen Arbeitgebenden erhalten. Dabei muss das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Bewerbenden beachten werden. Außerdem gilt im Grundsatz, dass Daten von Bewerbenden grundsätzlich bei den Bewerbenden selbst zu erheben sind.
Arbeitgebende dürfen daher Auskünfte bei vorherigen Arbeitgebenden nur mit freiwilliger Einwilligung der Bewerbenden erlangen. Diese sind vorab über das Vorgehen zu informieren. Die Freiwilligkeit der Einwilligung scheitert in der Praxis häufig daran, dass Bewerbende bei verweigerter Einwilligung damit rechnen müssen, Nachteile im weiteren Bewerbungsprozess zu erleiden. Daher kann es oftmals für die Wirksamkeit der Einwilligung an der Freiwilligkeit mangeln.
Sofern die Bewerbenden in die Auskunft wirksam einwilligen, sind frühere Arbeitgebende verpflichtet, die gewünschten Informationen zu erteilen, wenn sie sich nicht durch die Auskunftserteilung unbillig belasten oder Bewerbende ein berechtigtes Interesse an der Auskunftsverweigerung haben. Dabei sind die vorherigen Arbeitgebenden an die Angaben aus dem qualifizierten Zeugnis gebunden.
Das BAG ist bei alter datenschutzrechtlicher Rechtslage von der Zulässigkeit der Nachfrage bei einem früheren Arbeitgebenden ausgegangen. Daher wird teilweise vertreten, dass auch nach jetziger Rechtslage eine Auskunft ohne Einwilligung nach dem BDSG des Bewerbenden zulässig sei. Lediglich Personalakten dürfen nur bei Einwilligung des Bewerbenden herausgegeben werden. Erforderlich ist aber jedenfalls eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO. Unterbleibt diese, ist die Verarbeitung der erlangten Daten unzulässig. Wie dargestellt dürfte die Einwilligung aber aufgrund der mangelnden Freiwilligkeit regelmäßig unwirksam sein.
Öffentlich zugängliche Social Media Profile bieten einen Zugang auf vielfältige Informationen der User*innen. Die Informationen sind dabei sehr vielfältig und reichen von Erkenntnissen über den Freundes- und Bekanntenkreis über die politische und religiöse Gesinnung hin bis zu dem Freizeitverhalten der Bewerbenden, welche an sich in (fast) keinem Zusammenhang mit der Eignung für die eigentliche Position stehen.
Bei einer Einwilligung des Bewerbenden darf der Arbeitgebende Informationen aus dem Internet erheben. Das gilt vor allem dann, wenn Bewerbende selbst auf die entsprechenden Quellen verweist. Wiederum ist hier aber das Vorliegen der Freiwilligkeit regelmäßig zweifelhaft.
Sofern keine (wirksame) Einwilligung vorliegt, muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG gewahrt werden, da es sich bei der Recherche um eine Datenverarbeitung i.S.v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO handelt.
Bei „freizeitorientierten“ Netzwerken ist danach zu differenzieren, ob die Informationen frei zugänglich oder auf einen bestimmten Benutzerkreis beschränkt sind. Sofern die Daten nur einem abgegrenzten bzw. privaten Personenkreis zugänglich sind, dürfen diese von Arbeitgebenden nicht verwertet werden. Das gilt auch dann, wenn es technisch möglich ist, auf diese Daten zuzugreifen. Eine Einstellungsentscheidung darf nicht auf solche Informationen gestützt werden.
Es wird teilweise vertreten, dass die eingestellten Daten von Arbeitgebenden gar nicht verwertet werden dürfen, unabhängig davon, ob diese Informationen frei oder nur begrenzt zugänglich sind. In „freizeitorientierten“ Netzwerken geteilte Informationen dienen offensichtlich nur privaten und keinen beruflichen Interessen.
Sofern die Informationen jedoch frei zugänglich sind, dürfen auch Arbeitgebende nach der vorzugswürdigen Auffassung darauf zugreifen. Es muss allerdings entweder eine Einwilligung des Bewerbenden vorliegen oder die Recherche muss verhältnismäßig sein. Die Bewerbenden haben sich bewusst dafür entschieden, diese Daten zu teilen. Ihnen war auch bewusst, dass ein Zugriff darauf jederzeit möglich ist. Daher ist regelmäßig von einer Verhältnismäßigkeit der Verarbeitung auszugehen.
Wichtig ist allerdings, dass bei der Einstellungsentscheidung nur Informationen berücksichtigt werden, die mit der Eignung der Person auf die jeweilige Position im Zusammenhang stehen. Ansonsten kann dies möglicherweise Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach dem AGG auslösen.
„Berufsorientierte“ Netzwerke werden gerade dafür genutzt, dass sich die User*innen im beruflichen Kontext darstellen. Das Teilen der Informationen ist gerade Zweck der Netzwerke. Für diese Netzwerke ergibt sich bereits teilweise durch die AGB der Betreibenden eine Einwilligung. Unabhängig davon ist die Recherche durch Arbeitgebende auf solchen Netzwerken jedenfalls verhältnismäßig im Beschäftigungskontext, sodass Arbeitgebende die Informationen erheben und verwerten dürfen.
Wenn Bewerbende eine wirksame Einwilligung erteilen, dürfen Arbeitgebende Informationen bei früheren Arbeitgebenden anfordern und auch im Internet vorhandene Informationen nutzen. In der Praxis sollte allerdings vorsorglich auf die Wirksamkeit der Einwilligung nicht vollumfänglich vertraut werden.
Informationen aus „berufsorientierten“ sozialen Netzwerken dürfen Arbeitgebende im Bewerbungsprozess hingegen regelmäßig verwenden. Diese wurden von den Bewerbenden für berufliche Zwecke öffentlich zugänglich gemacht. Sofern Informationen auf einem „freizeitorientierten“ Netzwerk vorhanden sind, dürfen Arbeitgebende – bei Einwilligung des Bewerbenden oder der Verhältnismäßigkeit der Recherche – diese nur verwerten, wenn sie öffentlich zugänglich sind.