Die Aufregung infolge der Veröffentlichung des Entwurfs eines Beschäftigtendatengesetzes im vergangenen Jahr hat sich nach dem Bruch der Regierungskoalition schnell gelegt. Trotz des Wunsches der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist momentan nicht damit zu rechnen, dass der Beschäftigtendatenschutz von der neuen Bundesregierung eine hohe Priorität eingeräumt bekommt. Umso relevanter bleibt das Thema im Lichte der aktuellen Regelungslandschaft.
Im Oktober 2024 erblickte ein neuer Entwurf für ein Beschäftigtendatengesetz aus den SPD-geführten Bundesministerien für Arbeit und Soziales bzw. des Innern das Licht der Welt (wir berichteten). Nach mehreren Anläufen verschiedener Vorgängerregierungen schien es, als wäre nun der Zeitpunkt für eine spezifische Regulierung des Umgangs mit Daten von Beschäftigten gekommen.
Nur wenige Wochen später war klar, dass dieser neuerliche Anlauf für ein Gesetz erneut im Sande verlaufen wird. Seit dem Bruch der Ampelkoalition im November 2024 stehen die Aussichten für den Abschluss des Gesetzgebungsprozesses für das Beschäftigtendatengesetz noch vor der Bundestagswahl sehr schlecht. Es ist nicht zu erwarten, dass die verbleibenden Wochen bis zur Wahl von den Parlamentsfraktionen genutzt werden, um das Thema des Beschäftigtendatenschutzes nochmal aufzugreifen.
Für den Moment bleibt es also dabei, dass der Beschäftigtendatenschutz in Deutschland maßgeblich geprägt wird durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Letzterer hat in entscheidenden Teilen jedoch spätestens durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof vom 30. März 2023 (Rs. C-34/21) und die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Mai 2023 (Az. 1 ABR 14/22) wesentlich an Bedeutung verloren. Das Bundesarbeitsgericht entschied infolge der EuGH-Entscheidung zu einer wesentlich inhaltsgleichen Regelung im Hessischen Landesrecht, dass § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG nicht im Einklang mit den Bestimmungen der DSGVO steht. Durch die Entscheidungen ist eine erhebliche Rechtsunsicherheit eingetreten. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass viele Unternehmen Datenverarbeitungsvorgänge im Beschäftigungsverhältnis bislang auf § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG gestützt haben.
Bereits am 3. September 2024 wurde die parteilose Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider zur neuen Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) ernannt.
Im Dezember 2024 veröffentliche die Bundesbeauftragte ihre datenschutzpolitische Agenda für die 21. Wahlperiode – die Wahl zum Deutschen Bundestag nach dem vorzeitigen Ende der Ampelkoalition. Darin macht sie Vorschläge für die Wahlprogramme der Parteien und eine etwaige Koalitionsvereinbarung im Nachgang zur Bundestagswahl.
Prof. Specht-Riemenschneider schreibt in der Agenda unter anderem: „Es gibt Bereiche, in denen ein Tätigwerden des Gesetzgebers unerlässlich ist, um (…) Rechtsklarheit für unsere Gesellschaft zu erreichen.“
Der Beschäftigtendatenschutz wird von der Bundesbeauftragen als ein Bereich identifiziert, der eine solche Rechtsklarheit gebrauchen könnte. Sie fordert von den Parteien, dass die Initiative für ein Beschäftigtendatengesetz aufgrund des großen Bedarfs für ein solches Gesetz erneut aufgegriffen werden solle. Weiter ins Detail geht der Abschnitt zum Beschäftigtendatenschutz nicht.
Dem Vorschlag der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den Beschäftigtendatenschutz zum Gegenstand der Programme für die anstehende Wahl zu machen, sind nicht alle Parteien gefolgt.
Die CDU/CSU formuliert in ihrem Wahlprogramm, dass sie beim Thema Datenschutz „umsteuern“ will und die Datenschutzpolitik zu einer pragmatischen Datenchancenpolitik machen will. Konkrete Aussagen zum Beschäftigtendatenschutz enthält das Programm nicht. Im Abschnitt Sicherheit fordert die Union, dass Datenschutz nicht zum Täterschutz werden darf. Dies bildet – wenn auch für einen anderen Bereich – eine konträre Position zum Entwurf des Beschäftigtendatengesetzes aus dem Herbst 2024, das Beweisverwertungsverbote bei datenschutzwidrig erlangten Daten vorsah.
Bündnis 90 / Die Grünen führen in ihrem Wahlprogramm aus, dass die Datenschutz-Grundverordnung effizienter und einheitlicher umgesetzt werden müsse, um Unklarheiten und Überregulierung zu vermeiden. Zum Beschäftigtendatenschutz finden sich keine konkreten Aussagen in dem Programm.
Die FDP spricht in ihrem Programm davon, beim Datenschutz Bürokratieabbau betreiben zu wollen. Der Datenschutzkonferenz soll eine umfangreichere Kompetenz zugesprochen werden. Zum Beschäftigtendatenschutz schweigt das Wahlprogramm.
Hingegen formuliert die SPD in ihrem Regierungsprogramm für die Bundestagswahl, dass sie in Regierungsverantwortung einen fairen und rechtssicheren Umgang mit Daten im Betrieb regeln möchte. Hier deutet sich ein Interesse an der Fortschreibung des Kapitels Beschäftigtendatengesetz an, das mit dem Referentenentwurf im Herbst 2024 begonnen wurde.
Der Entwurf des Beschäftigtendatengesetzes ging in vielen Bereichen bereits sehr ins Detail, was bei vielen Sorge vor enormem bürokratischen Aufwand schürte. Gleichzeitig verbleibt bei fehlender Regelung des Beschäftigtendatenschutzes aufgrund der gerichtlichen Entscheidungen ein Unsicherheitsfaktor für Unternehmen und Arbeitgebende sowie andere Akteure im betrieblichen Kontext wie Betriebsräte. Es ist aktuell nicht damit zu rechnen, dass ein erneuter Anlauf für ein Beschäftigtendatengesetz unmittelbar im Anschluss an die Wahl des Bundestages versucht wird. So bleibt es zunächst beim Status Quo, innerhalb dessen den Gerichten weiterhin eine wichtige Stellung zukommt, um die bestehenden gesetzlichen Regelungen auszulegen.